Wenn Engel verzeihen
 
 
                         
 
 
 
„Das tut mir sehr leid, das Du deinen Vater so kurz hattest. Ich hatte ihn ja nun bis 2009. Also 35 Jahre lang kannte ich ihn. Durch sein Verhalten ist leider sehr viel kaputt gegangen. Mein Vater war auf der einen Seite sehr großzügig und mit ihm konnte man jederzeit irgendwo hin fahren.
 
Was uns verbunden hat, war unsere Liebe zu unserer polnischen Heimat und zu Hamburg und Berlin. Meine Mutter hat ihre Jugend in Hamburg verlebt und dort hat sie meinen Vater 1972 nach seiner Übersiedlung nach Deutschland kennengelernt. Verbunden hat uns auch die Liebe zur Eisenbahn und zur Straßenbahn. Aber damit war es auch schon aus.
 
Mit Gefühlen durfte man ihm nicht kommen, schon gar nicht schwach oder krank werden. Da ist er richtig ausgerastet. 
 
Ich weiß noch 1992 als ich diesen komischen Virus hatte und keiner wusste, was es war und ich nicht mehr konnte, da meinte er nur, die Russen oder die Polen hätten dich damals einfach erschossen oder krepieren lassen. Und da ist viel bei mir kaputt gegangen. 
 
Zudem hatte er leider die Angewohnheit, Dinge die man ihm anvertraut, in der Wut gegen einen zu verwenden . Ich muss leider sagen, dass er mir bis heute nicht wirklich fehlt, weil ich keine emotionale Bindung mehr zu ihm habe und das schon lange vor seinem Tod. Nur das ich heute viele Dinge besser verstehen kann, weil ich mehr weiß aus seiner Biographie. Ich habe damals bei seiner Beerdigung Gott gebeten, das er ihm all das verzeihen kann, was ich ihn nicht verzeihen kann. Ich wünsche mir aber aus tiefsten Herzen, das es ihm in der jenseitigen Welt gut geht.“
 
 
 
Schrieb mir ein Freund über eine Email. Ich dachte darüber nach, weil ich eine ganz andere Verbindung zu meinen Vater hatte, sie war sehr tiefgründig und vertrauensvoll. Nachsinnend begab ich mich in die Küche um etwas zu Essen vorzubereiten. Und wie ich da stand öffneten für mich wieder die jenseitige Welt. Vor einer geöffneten Tür stehend erkannte ich seinen Vater, der mir einiges mitteilen wollte. Das Licht erstrahlte mich im rötlichen und grün, blauen Schimmer.Die Hoffnung war groß und die Hoffnung war nahe, dachte sich sein Vater. Ich sah seine Seele stehend vor mir und ich erkannte seinen Leid der tiefen Beherztheit. Endlich konnte er durch mich zu seinem Sohn kommunizieren.  
 
Ich dachte erst: „Oh nein, das kann jetzt nicht wahr sein.“ Ich grämte mich vor seinen Angesicht. Zurückhalten und still kamen mir andere Engel zuvor die mir sagten. „Doch, du wirst irgendwann deinen Freund von seinen Vater berichten.“ 
 
So wie ich da stand, kochte ich das Essen, sein Vater schaute mir mit vollem Eifer dabei zu. Ich schwieg und doch dachte ich: „Mein Freund würde mir die Geschichte wahrscheinlich nicht abnehmen, wenn ich von seinem Vater erzähle.“ Dabei kannte ich ihn zu wenig. 
 
Wie jeden Abend bat ich um Kraft um alle guten Dinge kund zu tun. Wie jeden Abend sprach ich ein Dank und ließ alle meine guten Menschen von unseren Herrn beschützen. 
 
Ohne zu wissen lauerte ich auf die nächste Email, indem zu diesem Thema stand: 
 
„Es ist schon verrückt, ungefähr seit 10 Tagen muss ich häufig an meinen Vater denken, was sonst nie der Fall war. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er mir etwas mitteilen möchte. Ich werde ihn einfach bitten sich bei Dir zu melden und es dir mitzuteilen, was er mir sagen möchte. Wenn das für Dich okay ist? Wenn du irgendwelche Informationen brauchst, lass es mich wissen.“ 
 
Unglaublich war für mich dieser Schriftzug. Ohne davon jemals etwas gesagt zu haben bekam ich diese Nachricht wie von Himmelshand. Jetzt viel es mir sehr einfach diesen Menschen von seinen Vater zu berichten. Ich hatte die Worte der Engel im Visier: Doch, du wirst eines Tages deinen Freund von seinen Vater erzählen.“ Und ohne Furcht fingen meine Laute über meine Finger an auf die Tastatur zu schreiben. So wie ich es wahr nahm und so wie sein Vater mich mir in Bildern mitteilte und sagte: 
 
„Zu deinem Vater kann ich sagen, dass auch ihn deine Geschichte sehr berührt. Er wünscht sich für dich die Kraft ihn über alle Maßen heraus zu vergeben. Es würde ihn sehr leid tun dir etwas schlimmes angetan zu haben und er bittet um die manchmal verrückte Wortwahl hinwegzusehen. Er hätte sich gern dir gegenüber anders geäußert und er hätte es nicht gewusst dich damit so sehr zu verletzen. Wenn er die Möglichkeit hätte, wünschte er sich heute ein ganz anderes Leben zu führen. Ein viel lebenswerteres und besseres Leben. Doch die Vergangenheit kann er leider nicht rückgängig machen. Er sagt, du seist ein guter Vater für deine Tochter und du seist für ihn heute ein Vorbild. 
 
Er bittet dich schlicht und einfach zu vergeben. Heute sei er in einer friedvollen Welt, dort wo er kein Trug und Hass von anderen Menschen mehr empfängt. Er denkt und fühlt mit dir mit. Weil er so manch einmal auf dich herab sah - gerade in der schweren Zeit vor Gericht - wollte er dir mitteilen, dass er ganz nahe bei dir ist. 
 
Er achtet auf deine Tochter. Sie hat einen guten Schutzengel an ihrer Seite, sie hört ihnen sogar im Schlaf zu.
 
Ich glaube zu meinen er möchte dir noch etwas anderes mitteilen, doch was genau es ist, weiß ich jetzt nicht. Da komme ich nicht ran. Sollte ich ihn wieder empfangen, werde ich es dir schreiben.“ 
 
Als Antwort bekam ich: 
„ Das ist ganz lieb von dir. Ja, das mein Kind Wesen sieht oder gesehen hat, dass weiß ich. Es hat ihr manchmal Angst gemacht und ich habe dann versucht ihr es kindgerecht zu erklären. Manchmal hat sie auch von sich aus von „so komischen Leuten“ erzählt, die ganz hell sind. 
Es ist sehr tröstlich zu lesen, was Du schreibst. Ja, ich versuche ihm zu vergeben und glaube jetzt kann ich es auch. Er hat auch viel Schweres durchgemacht und wenig Beistand gehabt.“
 
Endlich konnte ich wieder in Frieden meine eigenen Gedanken hegen. Mit einem guten Gewissen etwas nützliches getan zu haben. In Ruhe wiegte ich mein stillen Schein. Klar wurde mir das man sogar zwischen zweier Menschen, auch wenn der andere im Tod verschlafen ist, sich in ruhe mitteilen kann und um Verzeihung zu bitten. Es ist schön zu wissen zwei Seelen zueinander geführt zu haben, selbst wenn das Leben in Gemeinsamkeit ganz anders war. Acht Jahre lang wurde nun geschwiegen, acht Jahre lang bangte der andere um inneren Frieden. Wenn Engel von tiefsten Herzen verzeihen, so steht das Licht zur jenseitigen Welt für viele bereit! In Wärme gediegen ermunterte es mich, nicht in Tränen, sondern ich hatte wohl ein friedvolles und glückliches Gesicht. 
 
 
 
In Laufe der Zeit ergaben sich weiter Worte die ich meinen Freund zukommen ließ:
„Dein Vater hat den Himmel erkannt. Wer im Licht weilt bekommt die Wahrheit zu erfahren. Deswegen konnte er seine Meinung zu dir ändern auch das braucht seine liebe Geduld und Zeit. Er hat es verstanden! Und weil ich schon lange im Licht weile, bekomme ich alle positiven Aspekte mit. Dein Vater meinte gerade, er würde deiner Mutter helfen mit sich ins reine zurück zu kommen. Ich hoffe wirklich das er sie ins Licht geleiten wird.“
 
„Es ist Wahnsinn, wenn man das so liest denkt man er steht neben Dir und redet mit Dir. Toll! 
Das was du sagst macht Sinn und deswegen kann ich dir vertrauen. Er wird wahrscheinlich meine Gedanken lesen können, aber sag ihm, dass es mir leid tut, das ich ihn manchmal für ein Schwein gehalten habe. Ich war damals zu tiefst verletzt und habe nur Hass bei ihm gespürt.“
 
„Dein Vater hat deine Worte schon längst empfangen. Es ist tatsächlich so, dass er neben mir steht und mir manchmal die Worte weitergibt, die ich dir schreiben soll. Er weiß das du ihm ein großes Stück voraus bist und er vergibt dir ebenso wie du ihm. Er sagte er könne es aus der heutigen Sicht gut nachvollziehen. Für sein Leben hätte er gebüßt, in der Erkenntnis allein als er sein Leben sah, 
bevor er verstorben ist.“ 
 
„In der Art und Weise wie Du darüber schreibst, erkenne ich ihn wieder. Er war immer ein Mensch, der nie viele Worte gemacht hat, das war seine Sache nicht.
Danke für alles! Von ganzem Herzen.“
 
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© S.J.M.

 
 

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