Winterhauch
 

 

 


Der Lebenshauch wandelt die Kälte in warmes Licht. Der Glockenklang erschallt. Die Kirche spricht mit seiner Melodie zu uns und ich beginne mich zu fragen, wo ist die gute Absicht des Gegenübers mit Verstand? Ein leises Rieseln vom Schnee beginnt in den Abendstunden. Warm eingepackt laufe ich durch die Landschaft von Berlin bis mir eine wundersame Tür eröffnet wurde. Der Nebel war trügerisch auf meiner Fährte und ich begann leise zu beten:

„Lieber Herr! Du kennst meine Geschichte sehr gut. Du hast mich gesehen und ich habe dir einiges dargebracht, so wie in früheren Zeiten. Denn ja, mein Laut begann von dir zu berichten, so wie du dich mir zeigst und ich mich in der Stille der Einsamkeit bei dir anlehnte.“

Die Meisen zwitscherten ihr Lied in den Bäumen. Die Äste schienen noch zu kahl zu sein. Doch der Schnee bedeckte die Zweiglein und den Waldweg. Ich legte mich auf den Waldboden und begann mit meinen Armen und Beinen einen Schneeengel zu zeichnen. Der Duft zur Jahreszeit beruhigte meine Sinne. Wie aus dem Traum gerissener Zauber bewegte sich der gezeichnete Engel auf dem Waldboden wie im Abendland. Er deutete mit seinen Fingern aufwärts zum Himmel und er verschwand.

„Hast du den sanften Engel in der Luft fliegen gesehen?“, hauchte mich diese Frage in meinem Ohr.  „Gott ist mit dir, zu allen Gezeiten, dies wollte er dir aufmerksam zeigen.“

Ich nickte mit dem Kopf  und meine Gedanken waren kaum hörbar, so leise war es in meinem Kopf. Der glänzende, rieselnde Schnee haucht auf meiner Hand. Leise hörte ich den sanften Stimmen zu wie sie weiter sprachen. „ Josovina, wir wollen dich rühmen.“ Meine Gedanken erklangen: „Ihr habt mich doch schon lobpreist, wozu denn noch mehr? Ach, ihr lieben Geschöpfe im Himmelsreich, die Welt ist anders. Hier gibt es nicht soviel Liebe wie droben bei euch im Himmelszelt. Die Menschen geben sich zwar Mühe, aber der Jähzorn ist oftmals zu spüren. Kleine Streitigkeiten vermiesen das Geschäft und das freundliche Miteinander. Und schon meint der Nächste er würde gemobbt. Arbeitskollegen schikanieren sich ständig, sie quälen mit der Absicht, die eigenen Leute aus der Firma zu vertreiben. Ich verstehe die Welt so nicht.“

Und wie der Schnee sich im wellenförmigen Schimmer auf dem Waldboden zeigte, der mit dem Blättern vom vorherigen Herbst bestreut war, begleiteten mich die Engel weiter auf meiner Fährte.
Im Winterhauch der absolutesten Realität begannen die feinen Stimmen zu sprechen: „Deswegen wollen wir dich lobpreisen, du versuchst den Frieden wieder herzustellen.“ In der Tat versuchte ich tatsächlich den Frieden wieder herzustellen, wenn ich an Ort und Stelle stand. Egal ob es in der Familie war oder auf meiner ehrenamtlichen Dienststelle. Doch ich musste mit bedauern feststellen, dass es mitunter Jahre andauert bis die Menschen mich verstanden haben. Muss der Kleinkrieg in der Familie oder auf Arbeit wirklich sein? Wenn nein, wie kann man diesen abschalten?

„Josovina“, spricht Gott in meinem Gehörgang, „du weißt um mich wie sehr ich dich schätze. Du hast einen hohen Stellenwert hier auf Erden. Du weißt so gut wie ich, dass der letzte Gedanke zu einem Thema wieder in das Gedächtnis der Menschen gebracht wird, um sie zu prüfen. Bis die Leute selbst auf die Idee kommen sich in diesem Bezug des Jähzorns umzuwandeln. Du, Josovina! Du bist meine Liebe und ich werde dich nicht aufgeben.“
„Ach, mein lieber Herr,! Wie lang habe ich dich nicht mehr gehört? Gesehen schon. Ich bin so stolz darauf das du zu mir sprichst.“ Ich spürte die Gnade Gottes an meiner Seite walten, indem er mir seine Hand gab und das Himmelsreich zeigte. Leise rieselte der Schnee an diesen kühlen Abend. Und ich begann wieder zu unseren Herrn zu sprechen.

„Wie, oh lieber Gott, kann ich diese Welt besser machen? Die Menschen hören auf ihren eigenen Instinkt und ich kann sie nicht ändern. Jeder ist zwar einmalig, aber mich macht der Trug hier unten kaputt. Die Streitigkeiten in der Familie oder auf dem Arbeitsplatz tun doch den Menschen gar nicht gut. Ich bin so froh, dass ich dies in meiner Familie oder auf dem Arbeitsplatz nicht mehr direkt erfahren brauche. Ich habe meinen Seelenfrieden gefunden. Und ich wünschte mir das wäre auf der Welt auch so. Ich höre meinen Kollegen nur zu und versuche zu begreifen das sich das Blatt dort nicht so schnell wendet, wie es bei mir mal der Fall war.“

„Wichtig ist das du stets und ständig deine Ruhe bewahrst.“, hörte ich in den Schnee hinein flüsternd. „Wichtig ist das du ein offenes Ohr hast und die liebevollen Tipps, so wie du es in deiner Familie ausgetragen hast, weiter gibst.“

Ich sah ein großes Herz in den Lüften vor mir schimmernd. Dieses Herz hatte für mich eine hohe Bedeutung. Ja, aus Vernunft und höchsten Respekt werde ich weiter meine eigenen Ziele erreichen. Nicht jeder ist mit meiner Lebensweise einverstanden. Jedoch spüre ich den Gottes Segen, denn er ist nahe. Zur nächsten Stunde läuteten die Glocken von der Kirche. Ich beschloss mich wieder Heimwärts zu begeben.

„Oh, mein lieber Gefährte! Halte mich in deinen Armen für einen kurzen Augenblick. Das Herz jubelt in mir vor Freude. Denn wir streiten nicht. Wir haben wundervolle Gespräche die wir führen. Und wenn es Probleme geben sollte, dann unterhalten wir uns ganz normal darüber und suchen gemeinsam eine Lösung. Bisher habe ich meine sieben Jahre Gemeinsamkeit mit meinen Gefährten nicht einmal bereut.“

In dem Schnee verbergen sich meine erneuten Fußstapfen. Weiter gehe ich im stillen Schein. Laufe inmitten des Herzens durch, als würde ich eine Mauer durchbrechen. Der Schnee bedeckte meine Fußabdrücke, als wäre ich nie an diesen Ort gewesen. Lichterschein, ich bin nicht allein, nur mein Herz weint vor dieser Menschlichkeit.

Freudig wurde ich daheim empfangen: „Na, hast du zu Gott gesprochen?“ Welch ein großes Herz mein Gefährte doch hatte, sonst würde er nicht wissen was ich tat. „Ja, ich habe zu Gott gesprochen. Ich habe all meine Last auf ihn abgeladen. Kannst du verstehen, wieso die Menschen sich gegenseitig bekriegen? Wieso die Hartnäckigkeit in manchen Gebieten so überhand nimmt?“
„Ich verstehe nicht, wieso du dir darüber Gedanken machst. Wir leben doch zusammen und wir haben solche Probleme nicht.“
„Ich würde die Welt gern besser sehen, doch wie kann ich es erreichen? Frisches Gebäck stand auf dem Tisch. Die Kerze brannte. Und der Duft zu Weihnachten lag in der Luft. „Du kannst die Menschen nicht verändern. Das weißt du doch. Sei einfach das Mädel, wie ich dich kenne.“

 
 
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